Gelesen: „Frontal“ von John Scalzi

Bei Apple Music gibt es für die Abonnenten kostenlos das Hörbuch „Das Syndrom“ von John Scalzi (hier). Ich habe es gehört, darüber auch schon geschrieben (hier) und es seitdem mindestens noch dreimal angehört – für mich passt an dieser turbulenten Science Fiction-Action-Komödie einfach alles. Dann erfuhr ich, dass es seit Ende 2017/Anfang 2018 einen zweiten Teil gibt, der mit den gleichen Hauptfiguren eine neue Geschichte erzählt. Sofort war ich „heiß darauf“, mir diesen Roman zu Gemüte zu führen. Leider gibt es noch kein deutsches Hörbuch, das englische – sicher hervorragend gelesen von Wil Wheaton – kostet aktuell noch fast 31 €, das ist mir angesichts der Kürze (etwas mehr als siebeneinhalb Stunden) einfach ein wenig zu viel.

Zum Hochzeitstag vor einigen Tagen schenkte ich also meiner Frau und mir (wir lieben beide die Scalzi-Romane) das eBook, gelesen war es dann innerhalb von drei Tagen. Am dritten Abend war meine Frau schon früh sehr müde, also wurde das „Gehirn aus“-Programm (=TV) abgeschaltet, sie ging ins Bett – und ich konnte mir genüsslich den Schluss zu Gemüte führen. Dabei fanden auch noch einige Erdnüsse sowie der Rest einer Tafel Schokolade und ein Schluck 15 Jahre alten Rums ein schmackhaftes Ende in meinem Magen.

John Scalzi: „Frontal“


(Bild-Quelle: Apple Books, Screenshot des Buch-Covers)

Meine erste und schwerwiegendste Befürchtung war, dass der neue Roman nicht an die Qualität des Vorgängers anknüpfen könne. Glücklicherweise wurde diese Befürchtung nicht erfüllt, beide Romane laufen auf dem gleichen Qualitätsniveau.

Handlung



Der Klappentext des Romans hat mir nicht so gut gefallen, daher habe ich einen eigenen Anreißer-Text geschrieben, der hoffentlich nicht zu viele Spoiler enthält:

Die Ausgangssituation des Romans liegt in einer fiktiven Zukunft, in der es sog. „Hadens“ gibt, eine menschliche Minderheit (nur ein bis fünf Prozent der Bevölkerung), die meist in der Kindheit am sog. Haden-Virus erkrankt waren. Infolgedessen leiden die meisten an einem Lock-In-Syndrom, das heißt, sie können ihren Körper nicht mehr kontrollieren, sind jedoch mittels eines neuronalen Netzwerks in der Lage, in der echten Welt durch Benutzung eines Threeps (einer Art Roboter, der über das neuronale Netzwerk ferngesteuert wird) oder in der virtuellen Haden-Welt, der Agora, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, Partnerschaften einzugehen, zu arbeiten etc. Durch ihre spezielle Situation hat sich eine ganz einzigartige Sportart herausgebildet: Hilketa. Dabei werden zwei Teams von ausschließlich Hadens, die durch spezielle Hilketa-Kampf-Threeps vertreten werden, aufeinander losgelassen. Das Ziel ist es, den Kopf eines Spielers der gegnerischen Mannschaft abzureißen und ihn dann in ein Tor zu bringen. Da die mit den Threeps verknüpften Spieler dabei (zumindest theoretisch) nicht verletzt werden können, ist „jedes Mittel“ erlaubt, um den Kopf des auserwählten Spielers der Gegenmannschaft zu erbeuten. Der Roman beginnt mit dem Tod eines Hilketa-Athleten, der als erster in der gut zehnjährigen Geschichte dieser Sportart, nach der dritten Enthauptung innerhalb eines Spiels, überraschend auch in seinem echten Körper stirbt. Chris Shane und Leslie Vann, das aus „Das Syndrom“ bekannte Agenten-Duo des FBI, sollen den Fall aufklären. Doch was sich am Anfang als eine recht übersichtliche Angelegenheit darstellt, wird schließlich immer komplexer und undurchsichtiger.



Mehr verrate ich nicht, meine oben geschilderte Befürchtung, der Roman könne den hohen Standard des Vorgängers nicht halten, machte sich eher an der erfundenen Sportart als an dem bekannten Agenten-Duo fest. Wie ebenfalls schon gesagt: Kein Grund zur Sorge, der Roman nimmt viele Fäden des Vorgängers auf, ist aber auch ohne dessen Lektüre perfekt verständlich.

Die richtige Mischung (für mich)



John Scalzi schreibt in all seinen Romanen mit einem ganz eigenen Stil, der sicher nicht jedem Leser gefällt, mir aber sehr entgegen kommt, denn so bleibt der Erzählstil flüssig und selbst bei härteren Passagen leicht verdaulich, weil immer im genau passenden Moment eine humorvolle Brechung einsetzt. Das hat mir schon bei den fünf Bänden der „Krieg der Klone“-Reihe wie auch „Der wilde Planet“, „Androiden-Träume“, „Redshirts“ und „Agent der Sterne“ unglaublich gut gefallen. Vermutlich ist auch das der Grund dafür, dass ich gerade zu den Hörbüchern immer wieder zurückkehre.

Ich möchte hier ein kurzes Zitat zum Besten geben, das den Humor von John Scalzi in seinen Romanen demonstriert, auch wenn es aus der Danksagung zu „Agent der Sterne“ stammt:

Ein Korrekturleser hat einen undankbaren Job, vor allem, wenn er jemanden korrigieren muss, der so schlammpich ahbaitet wie ich. Alles klar?



Wie gesagt, es wird nicht jedem gefallen, ich liebe es...

Fazit



Mit „Frontal“ hat John Scalzi wiederum einen Roman abgeliefert, der mir außerordentlich gut gefällt. Der befürchtete Qualitätsabfall ist nicht erfolgt, stattdessen ist es ein unterhaltsamer und spannender Roman, bei dem ich die deutschsprachige Hörbuchveröffentlichung kaum erwarten kann. Mittlerweile habe ich fast alles gelesen, was er in den letzten Jahren veröffentlicht hat. Weil John Scalzi mit seinen gerade einmal 50 Jahren ein noch relativ junger Autor (Geburtsjahrgang 1969) ist, darf ich sicher noch auf eine große Zahl weiterer Romane hoffen, was mich sehr erfreut. Aktuell wäre es mir sehr recht, wenn er die „Agent Shane & Agent Vann“-Reihe noch um eine ganze Reihe von Romanen erweitern würde.

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