Ein „kleiner Trip“ nach Frankfurt

Wie ich auf meiner Startseite bereits erwähnt habe, bin ich ein sog. „Zufälligamerikaner“, also ein Mensch, der zwar offiziell keine amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, von den USA aber dennoch als ein „US-Citizen“ angesehen und behandelt wird – letzteres vor allem hinsichtlich der zu entrichtenden Steuern.

Da ich nie die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen habe, war mir dieser Zustand bis vor kurzer Zeit nicht bekannt. Doch dann trudelte vor einigen Wochen ein Brief von meiner Bank ein, in dem ich aufgefordert wurde, meine US-SSN (Social Security Number) zu melden. Ab da kam dann einiges an Arbeit auf mich zu, denn nun musste ich mich erst einmal in die Materie einarbeiten:

  • „Wie konnte es denn sein, dass die USA mich plötzlich als einen US-Bürger ansahen?“
  • „Was geht das meine Bank an?“
  • „Was kann passieren, wenn ich das einfach ignoriere?“
  • „Was soll ich als nächstes tun?“

Zum Glück stieß ich schon bald auf eine sehr informative Seite: americansoverseas.org – hier sind die wichtigsten Informationen zur Materie gebündelt. In aller Kürze sieht der Sachverhalt so aus:

  • Die USA sind eines von nur zwei Ländern weltweit, die die Staatsbürgerschaft vom Geburtsort und/oder der Nationalität der Eltern abhängig machen.
  • Demzufolge sind alle in den USA geborenen Menschen aus Sicht der USA automatisch US-Bürger. Perfide ist die Tatsache, dass auch außerhalb der USA geborene Menschen, die mindestens einen US-amerikanische Elternteil besitzen, als US-Bürger gelten, auch wenn sie das Land persönlich noch nie betreten haben.
  • Alle diese sog. Zufälligamerikaner sind aus Sicht der USA steuerpflichtig. Das heißt nicht, dass ich nun zusätzlich zu den in Deutschland entrichteten Steuern auch noch in den USA Steuern zahlen müsste, aber ich muss wohl zumindest eine Steuererklärung nach US-Recht abgeben.
  • Verweigere ich die Kooperation und ignoriere die Angelegenheit, werde ich von der IRS, der amerikanischen Steuerbehörde, als internationaler Steuerhinterzieher angesehen, woraufhin sie das Recht hat, mir meine Konten weltweit sperren zu lassen.

Vermutlich sind einige Details hier aus juristischer Sicht zu stark vereinfacht (und somit nicht korrekt) dargestellt, dennoch treffen sie meines Wissens im Großen und Ganzen zu. Der einzige Ausweg für mich ist also, mir zuerst eine US-SSN zu besorgen, was bei Menschen jenseits des 12. Lebensjahres nur persönlich in einem der Generalkonsulate der USA, in meinem Fall in Frankfurt am Main, möglich ist. Also fuhr ich am letzten Mittwoch nach Frankfurt, den Termin hatte ich vor gut vier Wochen vereinbart, um dort die Beantragung meiner SSN in die Wege zu leiten. Alle Unterlagen hatte ich zum Glück rechtzeitig beisammen gehabt, sodass der tatsächliche Bürokratismus innerhalb von gut zehn Minuten abgehakt war. Meine Sozialversicherungskarte sollte in den nächsten drei oder vier Wochen ankommen.

Außerdem muss ich, um einer Strafverfolgung zu entgehen, das sog. „streamlined procedure“ anstreben, bei dem es zwingend erforderlich ist, den Umstand glaubwürdig zu beteuern, dass man von dieser ganzen Angelegenheit (der Steuerpflicht in den USA) nichts wusste. Zum Glück war ich in Deutschland permanent (wenngleich an unterschiedlichen Orten) als Einwohner gemeldet. So konnte ich für die Beantragung der SSN einen lückenlosen Aufenthalt in Deutschland seit 1976 nachweisen – und das gilt als einer der ausschlaggebenden Gründe, von der Steuerpflicht nichts gewusst zu haben.

Auf der oben erwähnten Website von americansoverseas.org werden Spezialisten empfohlen, die einem in der Angelegenheit hilfreich zur Seite stehen können. Vermutlich werde ich mich an einen davon wenden, denn mit US-Recht kenne ich mich nicht aus, eine Einarbeitung erscheint mir auch nicht sinnvoll, denn es wäre mir gar nicht möglich, in den kommenden Jahren dahingehend permanent „am Ball“ zu bleiben.

Insgeheim hoffe ich ja immer noch darauf, dass die EU oder die BRD irgendwann einschreiten, um dieser Sache ein Ende zu bereiten. Schließlich betrifft diese Angelegenheit mehrere Millionen Menschen, die vollkommen ohne ihr eigenes Zutun in eine juristisch äußerst labile Lage gebracht werden. Allein der finanzielle und zeitliche Aufwand, der vonnöten ist, um eine Strafverfolgung abzuwenden, ist nicht zu ignorieren. Und da die Frage der Staatsbürgerschaft wirklich nur von zwei Ländern auf der ganzen Welt auf diese eigenartige Weise gehandhabt wird, stellt sich die Frage, ob die anderen Regierungen da nicht sinnvollerweise einen Riegel vorschieben sollten… Nun, es bleibt spannend, ich werde berichten, wenn sich wieder etwas getan hat.

Zum Abschluss gibt es ein paar Fotos aus dem Frankfurter Bankenviertel, denn wenn ich schon einmal zweieinhalb Stunden (einfache Strecke) auf mich nehmen musste, um dann binnen zehn Minuten der Bürokratie zu genügen, wollte ich den vertanen Tag wenigstens für ein wenig Sightseeing nutzen:

Die erste Bank...

Die zweite Bank...

Die dritte und letzte Bank (für heute)

Diese Seite sammelt keine privaten Daten.