Gelesen: „Das Boot“ von Lothar-Günther Buchheim

Als Kind habe ich voller Faszination die Mini-TV-Serie „Das Boot“ gesehen, die mehrere Jahre lang immer wieder im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Vor zwei Wochen, als wieder einmal die Wahl einer neuen Lektüre anstand, wählte ich relativ kurz entschlossen (das hat mich selbst erstaunt, da ich sonst mit Kriegsliteratur so gar nichts anfangen kann) die Romanvorlage von Lothar-Günther Buchheim und las sie bis heute durch.

„Das Boot“ von Lothar-Günther Buchheim

(Bild-Quelle: Apple Books, Screenshot des Buch-Covers)

Ähnlichkeiten zur TV-Serie


Da ich die Mini-TV-Serie, die sich phänomenal nah an der Vorlage entlang bewegt, mindestens zweimal komplett gesehen habe, waren mir weite Teile des Inhalts natürlich schon bekannt. Das sorgte an ein paar wenigen Stellen für eine gewisse Ermüdung beim Lesen – vor allem bei langen (oder besser: langatmigen) Beschreibungen von Meereszuständen, Wind und Wetter sowie den alltäglichen Abläufen an Bord eines U-Bootes. Zum Glück waren es nur ein paar Seiten, die ich dann doch binnen einiger Minuten hinter mich gebracht hatte.

Inhaltliches


Abgesehen davon hat mir das Buch sehr gefallen, denn es stellt genau das Gegenteil von dem dar, was sich die Nationalsozialisten wohl unter „guten deutschen Soldaten“ vorgestellt hatten: Die zur See fahrenden U-Boot-Offiziere und die unteren Mannschaftsränge sehen ihre Lage ganz nüchtern und sind weitgehend desillusioniert: Sie erkennen überdeutlich, dass sie kaum eine oder schlicht gar keine Aussicht auf einen durchschlagenden Erfolg haben (immer wieder wird darauf verwiesen, dass zu wenig U-Boote unterwegs seien), vermeiden alle heroisierenden Reden (oder machen sich darüber lustig, wenn es doch einmal einer wagt) und sehnen sich vielmehr nach einem einfachen, ruhigen und bescheidenen Leben zuhause.

Im Gegensatz zur üblichen Nazi-Architektur, die das Individuum gegenüber den gigantischen Bauten klein und unwichtig erscheinen lässt, ist das U-Boot eng und klein, hier ist kein Platz für übersteigertes Nationalbewusstsein. Es gibt nur eine Toilette für über 50 Personen, überall stinkt es permanent, weil alle nur Katzenwäsche betreiben, die Kleidung gammelt in der feuchten Luft am Leib und im Spind genau wie das Essen, die Tage sind entweder eintönig langweilig oder ultra-stressig. Kurzum: Angenehm ist anders, auf dem U-Boot geht es um Leben oder Sterben.

Der mehr oder weniger dokumentarische Tonfall, aus dem der Autor nur gelegentlich ausbricht, sorgt für eine hohe Intensität, trotz der gehörigen Länge (auf dem iPad waren es bei der voreingestellten Formatierung mit bequem großen Buchstaben ca. 1.500 Seiten) fühlte sich das Buch kurzweilig an.

OCR-Versagen


Nur eines ist mir als wirkliches Ärgernis aufgefallen: Die eBook-Version stammt aus dem Piper-Verlag. Man merkt dem Buch deutlich an, dass es eine mittels OCR umgewandelte abfotografierte Version der Druckfassung war, denn einerseits war das gesamte Buch noch in alter Rechtschreibung (was sich mittlerweile wirklich seltsam anfühlt, wenn man wie ich als Lehrer doch ständig mit der neuen deutschen Rechtschreibung arbeitet), andererseits häuften sich auch die Rechtschreibfehler, die eben auf die OCR-Umwandlung zurückzuführen waren: Manchmal fehlen Punkte am Ende eines Satzes, manchmal stehen mitten im Satz Punkte, nach denen es aber klein weitergeht, ähnliche Buchstaben werden gerne einmal verwechselt etc.

Diese schlampige Umsetzung (die aber zum vollen Preis verkauft wird), hat mich beim Lesen entschieden mehr gestört als die oben erwähnten gelegentliche Längen in der ausufernden Beschreibung immer gleicher Abläufe. Zum Glück lassen sich eBooks ja problemlos aktualisieren, was in Apple Books auch ziemlich häufig passiert. Es wäre schön, diesem Buch die nötigen Korrekturen angedeihen zu lassen.

Fazit


Von diesem Ärgernis (OCR) abgesehen ist „Das Boot“ ein beeindruckendes Zeitzeugnis und ein eindringliches Plädoyer für das Vermeiden weiterer Kriege. Der Schluss des Buchs ist nach wie vor sehr eindrücklich: Das Boot ist nach dem gescheiterten Versuch, die Meerenge von Gibraltar zu durchstoßen, auf den Grund gesunken, wurde notdürftig repariert und schafft es mit letzter Kraft in den Hafen. Beim Aussteigen aus dem Boot erfolgt ein britischer Luftangriff, der die meisten der gerade angekommenen Seeleute tötet und das ohnehin schwer beschädigte U-Boot im Dock versenkt. Soviel zum heroischen Ende…

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