Mein erstes Pechakucha-Event

Am 22. Juli hatte ich das große Vergnügen, erstmalig bei einem Pechakucha-Abend als Redner aufzutreten. Bereits vor Monaten hatte mich mein Nachbar, der in der Szene als Organisator sehr aktiv ist, angesprochen und angeworben. Relativ bedenkenlos sagte ich zu, ohne mir allzu viele Gedanken zu machen, was das eigentlich bedeutete, kurz vor Schuljahresende noch einen Vortrag aus dem Boden zu stampfen...

Vorbereitung


Nun gut, als der Termin feststand, bekam ich ein frisch ausgedrucktes vierseitiges Merkblatt in die Hand gedrückt, auf dem noch einmal die wichtigsten Details zu Pechakucha standen:

  • 20 Folien, jeweils 20 Sekunden Dauer (insgesamt genau 6:40 Minuten)
  • keine Übergänge, kein schickes Drumherum, nur das Wesentliche

Als Tipp für die Erstellung eines solchen Vortrags gab es glücklicherweise einen Tipp, den ich befolgen konnte: Erst mal einen Aufsatz zum Thema schreiben, die wichtigsten Schlüsselworte herausfischen, die werden dann die 20 Folien füllen. Gelesen, getan.

Nur dass dann alle Texte viel zu lang waren. Beim ersten Test brauchte ich für den Sprechtext der ersten Folie – eigentlich ja nur 20 Sekunden – mehr als eine Minute. Klassischer Fall von „Lehrer hört sich selbst gerne reden“. Also den virtuellen Rotstift ansetzen und alle Füllwörter und nette Drumherum-Formulierungen rauswerfen. Damit kam ich auf 35 Sekunden, weiter kürzen – zum Teil schmerzhaft, zum Teil sehr befriedigend.

Das ganze Spiel insgesamt 20 Mal. Dazu passende Fotos bzw. Abbildungen für die Folien finden oder selbst erstellen – viel Arbeit, ich brauchte zwei volle Nachmittage dafür. Außerdem musste ich einen befreundeten Fotografen um Mithilfe bitten (weil er selbst auch auf das Foto musste...). Klingt stressig, war es auch. Aber es war heilsam.

Am Ende muss ich vor dieser japanischen Vortragsdisziplin absolut meinen Hut ziehen. Es ist höchst beeindruckend, wie viel Unnötiges man aus einem Vortrag streichen kann, wenn man gezwungen ist, binnen 20 Sekunden auf den Punkt zu kommen. Auf der Inhalt der Folien schrumpft wie von selbst auf das absolut Notwendigste zusammen. Lange Fließtexte auf den einzelnen Folien sind ja ohnehin ein No-Go, aber auch umständliche Darstellungen werden unverdaulich, wenn sie nur kurz zu sehen sind und dabei noch vom Vortrag untermalt werden. Diese erzwungene Kunst der Reduktion hat mich wirklich beeindruckt.

Üben, Üben, Üben


Fast jeder kennt den alten Musiker-Witz, bei dem ein Ortsfremder einen New Yorker Bürger fragt, wie er denn zur Carnegie-Hall komme. Der Bürger antwortet: „Üben, üben, üben.“

Ein anderer Musiker-Spruch geht so: „Üben hilft leider.“ Und er stimmt auch noch. Also gab ich mich dem Üben hin, ließ jedes Mal eine Stoppuhr mitlaufen, korrigierte noch an einzelnen Folientexten herum, bis ich mir sicher sein konnte, mit der gegebenen Zeit auszukommen. Das wiederholte ich an mehreren Tagen, um sicher zu sein, dass auch die Tagesform nicht zu großen Einfluss auf meine Sprechgeschwindigkeit haben würde. Die Abweichungen waren sehr gering, dahingehend passte also alles.

Für alle Fälle bastelte ich mir Karten mit dem Text, denn nachdem der so optimiert war, dass er ziemlich genau auf die Zeitvorgaben passte, wollte ich nicht zu weit davon abweichen. Als Lehrer hört man sich ja gerne reden (s.o.) – das kann in so einem Fall komplett nach hinten losgehen. Und bis auf ein paar Kleinigkeiten blieb ich auch ganz nah am Skript.

Die Pechakucha-Night


Was mir ebenfalls nicht bewusst war: Aalen scheint in der Pechakucha-Community einen hohen Stellenwert einzunehmen, was an der unglaublich hohen Ausbeute an Vortragsabenden, den sog. Pechakucha-Nights, liegt. Ich war Redner beim 52. (!) solchen Abend – jeweils mit zehn bis zwölf Vortragenden. Da kommt schon einiges zusammen.

Das Poster zur Pechakucha-Night 52 in Aalen

Wer sich dafür interessiert, kann gerne auf der Internetseite der Aalener Pechakucha-Veranstaltungen (hier) nachsehen. Jedes Event wird mitgeschnitten, sodass man später die Clips auf YouTube ansehen kann. Wahnsinn!

Zum eigentlichen Abend am 22. Juli: Das Wetter war absolut perfekt, denn es war warm, aber nicht zu heiß. Insgesamt kamen trotz einer aktuell nicht allzu geringen Corona-Inzidenz im Ostalbkreis ca. 250 Zuschauer, die Band farbklAAng (hier) spielte gut, um vor, zwischen und nach den Vorträgen für Stimmung zu sorgen. Dann sah ich das Programm: Ich stand als Vorletzter in der Reihenfolge. Hmmm, genau meine Uhrzeit, da der Abend erst gegen 20:30 h begann. Aber die Aufregung sorgte dafür, dass ich immer noch hellwach war, als es losging.

Während der anderen Vorträge hatte ich ausreichend Möglichkeit, mir anzusehen, wie gut es jeweils mit den zeitlichen Grenzen pro Folie klappte. Zu meiner großen Beruhigung war niemand *perfekt*, immer gab es die eine oder andere Folie, die gefühlt einen Tick zu früh oder zu spät wechselte. Aber das machte überhaupt nichts, der Inhalt zählte – und der kam überall gut rüber.

Jeder einzelne Vortrag wurde von den beiden Moderatoren eingeleitet und danach mit ein oder zwei Fragen abgeschlossen. Das erzeugte einen entspannten Rhythmus, der den ganzen Abend umfasste, nur unterbrochen von einer etwas längeren Unterbrechung in der Mitte, in der die Band wieder spielte und sich alle mit Essen und Trinken versorgen konnten. (Dazu war ich da aber noch zu aufgeregt.)

Moderation beim Pechakucha-Abend 52

Als ich gegen 22 Uhr dran war, wurde ich innerlich ganz ruhig, die Aufregung war – wie so oft im Moment des Auftretens – wie weggeblasen. Der Vortrag begann, das Publikum reagierte in der Regel so, wie von mir erwartet worden war. Allmählich fühlte ich mich richtig wohl, der Spaß kam.

Während meines Vortrags (1/3)

Die vorher so gefürchteten sechs Minuten und vierzig Sekunden gingen letztlich wie im Flug vorbei. Das war selbst für mich als bühnenerfahrenen Musiker ein richtig cooles Erlebnis.

Während meines Vortrags (2/3)

Im Anschluss gab es Applaus, es folgte die eine oder andere Nachfrage, später kamen auch noch ein paar Zuhörer mit individuellen Bedürfnissen auf mich zu (so wollte einer wissen, was ich morgens vor dem Laufen essen würde). Alles im Rahmen dessen, was ich erwartet hatte. Fazit: Ein runder Abend mit Erleuchtungscharakter.

Während meines Vortrags (3/3)

Dieser Pechakucha-Virus hat mich nun definitiv infiziert. Ich mache mich mal auf die Suche nach einem neuen Thema und bereite es auf, dann kann ich im nächsten Jahr hoffentlich wieder teilnehmen. Das erste Mal war auf jeden Fall sehr schön – und meine Faszination für die Strenge der äußeren Form (20x20) ist ungebrochen.

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