Gelesen: „Dolores“ von Stephen King

Nach der Lektüre von „Helix. Sie werden uns ersetzen“ von Marc Elsberg (hier) war das Verlangen nach neuem „King“-Futter schon sehr groß, also gab ich ihm nach und las „Dolores“ binnen weniger Tage durch.

„Dolores“ von Stephen King, erschienen im Heyne-Verlag


(Bild-Quelle: Apple Books, Screenshot des Buch-Covers)

In seinem halb autobiografischen und halb lehrenden Werk „Über das Leben und das Schreiben“ (sehr zu empfehlen) schildert Stephen King, dass viele seiner Romane aus einer einzigen Fragestellung heraus entstehen: „Was wäre wenn...?“

Im Fall von „Dolores“ ist diese Frage: „Was wäre, wenn eine Frau, die einen Mord begangen hat und damit davongekommen ist, nun eines Mordes angeklagt wird, den sie nicht begangen hat.“ Diese Ausgangssituation fand ich an sich schon spannend, noch dazu wollte ich wissen, wie er die Geschichte aufbauen würde, also stürzte ich mich in das Lesevergnügen. Und eines kann ich sagen: So schnell habe ich selten ein Buch durchgelesen, weil es mich absolut fesselte. Ich lese ja fast ausschließlich, während ich Trompete übe: Das iPad steht in einem Regal, ich stehe davor, spiele und lese – tja, nur hier musste ich zwischendurch die Trompete sinken lassen und einfach nur die Seiten in mich aufsaugen, so unglaublich faszinierend war die Innenansicht einer völlig rationalen Frau, die einfach irgendwann die vielen Marotten und nicht mehr zu entschuldbaren Verfehlungen ihres Mannes satt hatte, eine günstige Gelegenheit erkannte, nutzte und dann – Jahre später – für einen völlig anderen Todesfall verantwortlich gemacht werden soll, den sie aber überhaupt nicht verursacht hat.

Der Erzählstil war überraschend, denn bis auf die letzten paar Seiten ist das gesamte Buch als eine durchgehende Erzählung der Protagonistin im Verhörraum der Polizei aufgebaut – kein allwissender Erzähler, nur die Innenansicht einer Frau von 66 Jahren, die ihr ganzes Leben hart gearbeitet hat. Immer wieder wurde ich an ein Kammerspiel erinnert, und tatsächlich könnte ich mir das gut als kleines Theaterstück vorstellen, bei dem tatsächlich nur eine einzige Person auf der Bühne sitzen müsste. Keiner der anderen Charaktere kommt jemals zu Wort, es sei denn, Dolores wiederholt oder paraphrasiert eine der Aussagen der sie verhörenden zwei Polizisten oder der Sekretärin, die ihre Aussage auf Kassetten aufnimmt, um sie später zu transkribieren.

Die Hörbuch-Fassung von „Dolores“, gelesen von Frances Sternhagen

(Bild-Quelle: Apple Books)

Die Hörbuchfassung ist nur in einer englischen Fassung erhältlich, was zum Glück für mich kein Problem darstellt. Das wird mich in den kommenden Tagen bei meinen morgendlichen Läufen begleiten, dann kann ich die gleiche Geschichte noch einmal aus einer anderen sprachlichen Perspektive und auch in einer Interpretation durch eine Leserin (in diesem Fall Frances Sternhagen) neu erleben. Als ich danach suchte, bemerkte ich, dass es auch eine Verfilmung mit der einmaligen Kathy Bates, die mich schon in der „Misery“-Verfilmung begeistert hatte, gibt. Die war sogar für 3,99 € bei iTunes im Angebot – tja, damit wäre die Unterhaltung für heute Abend gesichert.

Gleich zu Beginn des Romans wurde dieser mit einer anderen Geschichte von Stephen King verknüpft (das macht er wirklich gern, vermutlich weil seine Fans – wie ich zum Beispiel – dann immer auch gleich die anderen Bücher lesen müssen), die ich noch nicht kannte. Kaum hatte ich „Dolores“ also durch, schon stürzte ich mich in „Das Spiel (Gerald‘s Game)“ – darüber berichte ich dann demnächst.

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