Gelesen: „Rosemarys Baby“ und „Rosemarys Sohn“ von Ira Levin

Das erste Buch, das ich in diesem Kalenderjahr beendete, war „Danse Macabre“ von Stephen King, ein recht umfangreiches Sachbuch über das Genre der Horror-Literatur. Darin fand ich etliche interessante Lese-Empfehlungen, von denen ich tatsächlich einigen gefolgt bin.

Rosemarys Baby



Dazu gehört auch der 1967 erschienene und alsbald in den Rang eines Klassikers erhobene Roman „Rosemarys Baby“ von Ira Levin.

Ira Levin: Rosemarys Baby

(Bild-Quelle: Apple Books, Screenshot des Buch-Covers)

In diesem Buch geht es um ein junges Ehepaar, Rosemary und Guy, die in eine neue Wohnung in New York ziehen, wo sie sich bald mit den etwas schrulligen Nachbarn anfreunden. Was sie nicht wissen können: Die Nachbarn und deren zahlreiche Freunde gehören einem Zirkel von Satanisten an, deren Ziel es ist, eine geeignete Kandidatin zu finden, die das Kind Satans gebären soll. Rosemary wird tatsächlich schon sehr bald schwanger, die Umstände sind jedoch höchst eigenartig, denn wie in einer Vision glaubt sie sich daran erinnern zu können, einen anderen Partner als Guy im Bett gehabt zu haben. Nach und nach wird ihr bewusst, dass da etwas nicht stimmen kann, doch alle Versuche, aus ihrem Umfeld auszubrechen, scheitern, sodass sie kurz vor Ende des Buchs tatsächlich ein Kind mit eigenartigen Augen zur Welt bringt...



Wer sich wundert, warum ich hier gleich alles verrate: Das macht in diesem Fall überhaupt nichts, denn der Reiz des Buchs liegt eindeutig in der vom Autor sehr geschickt aufgebauten bedrohlichen Atmosphäre, die sich immer weiter verstärkt. Man fühlt als Leser mit Rosemary, die hin und her gerissen wird zwischen dem eigentlich schönen Gefühl, Mutter zu werden, und der ständigen Angst, niemandem in ihrem Umfeld mehr vertrauen zu können. Der Plot war in „Danse Macabre“ ebenfalls schon abrissartig vorgestellt worden, was mein Lesevergnügen jedoch keineswegs beeinträchtigt hat.

Rosemarys Sohn



Als ich am Ende von „Rosemarys Baby“ angekommen war, fand ich heraus, dass es noch eine Fortsetzung gibt: „Rosemarys Sohn“ aus dem Jahr 1997. Da beide Bücher jeweils nur knapp 5€ bei Apple Books kosten, habe ich mir den zweiten Band auch noch gekauft und vor ein paar Tagen fertig gelesen.

Ira Levin: Rosemarys Sohn

(Bild-Quelle: Apple Books, Screenshot des Buchcovers)

Der zweite Teil beginnt mit dem Erwachen Rosemarys aus einem 27 Jahre währenden Koma-Zustand. Es ist das Jahr 1999, der Milenniumswechsel steht vor der Tür. Ihr Sohn ist mittlerweile weltweit bekannt und das Gegenteil dessen, was man vom Sohn Satans erwarten würde: Er schlichtet Konflikte zwischen verfeindeten Ländern, gibt Trost und Zuversicht – und plant einen symbolischen Akt, der die ganze Welt an einem Zeitpunkt einen soll: Das gemeinsame Kerzenanzünden beim Wechsel ins neue Jahrtausend. Die zuerst fürchterlich skeptische Rosemary lässt sich von der Idee überzeugen und tritt seiner Organisation GC (God‘s Children) bei, nur um kurz vor dem Silvesterabend eine erschreckende Entdeckung zu machen...



In diesem Fall verrate ich nicht mehr, denn der Schluss ist – wie es sich für einen ordentlichen Horror-Roman gehört – offen gehalten. Die atmosphärische Dichte des ersten Teils ist hier nicht mehr ganz so ausgeprägt, dafür ist das Gefühl, in einer völlig falschen Scheinwelt unterwegs zu sein, aus der man jäh und alles andere als glücklich jederzeit erwachen könnte, stets präsent und trägt maßgeblich dazu bei, dass man immer weiterlesen muss. Wie schon der erste Band ist auch der zweite nicht besonders lang, sodass ich ihn binnen weniger Tage komplett „verschlungen“ hatte. Aber die Lektüre hat sich gelohnt.

Fazit



„Rosemarys Baby“ ist ein hervorragender Horror-Roman, der völlig zu Recht in einem Sachbuch über die Horror-Literatur Erwähnung findet. Ira Levin hat auch an anderer Stelle noch hervorragende Bücher abgeliefert, z.B. „Die Frauen von Stepford“, zu schade, dass er bereits 2007 gestorben ist.

Wie Stephen King in „Danse Macabre“ schreibt, ist „Rosemarys Baby“ einer der wenigen glücklichen Fälle, bei denen es egal ist, ob man das Buch liest oder die Verfilmung von Roman Polanski ansieht. Nun, ich habe natürlich beides getan: erst das Buch gelesen, dann den Film angesehen – und die Rolle der Rosemary wurde mit Mia Farrow ganz hervorragend besetzt (dieser Meinung war offensichtlich auch Ira Levin, denn er widmete „Rosemarys Sohn“ Mia Farrow). Natürlich leidet der Film bei heutiger (2020) Sichtung minimal daran, dass er aus dem Jahr 1968 stammt. So wird immer wieder Bezug auf die aktuelle Mode und die damals angesagten Frisuren genommen – das kann nicht gut altern (und tut es auch nicht wirklich). Mich hat es aber nicht gestört, daher kann ich den Film durchaus empfehlen.

„Rosemarys Sohn“ ist überraschend gut, denn eine Fortsetzung steht natürlich immer im direkten Vergleich mit dem vorherigen „Klassiker“ (und verliert ziemlich häufig im Vergleich). Der Kniff, zwischen dem ersten und dem zweiten Band inhaltlich 27 Jahre liegen zu lassen, ist äußerst gelungen, denn so sind viele Kontinuitätsprobleme gelöst (viele der alten Charaktere sind schlicht verstorben und müssen nicht mehr reaktiviert werden) und der Autor konnte den Zeitgeist kurz vor der Jahrtausendwende mit der damals ganz eigenen Paranoia gut einfangen. Da ich diesen Zeitraum schon sehr aktiv miterlebt habe (das war während meines Studiums), wurden immer wieder Erinnerungen wachgerufen, was mir natürlich gefallen hat.

Alles in allem kann ich festhalten, dass es sich um zwei kurze, aber höchst lesenswerte Romane handelt. Selbst wenn man mit der Horror-Literatur nicht viel am Hut hat, sind beide Bücher gelungene atmosphärische Studien mit einigen interessanten Kniffen. Das gehobene Alter bringt zusätzlich einen günstigen Preis mit sich, was die Überlegungen, sich diesen Genuss zu gönnen, sicherlich nochmals positiv beeinflussen dürfte.

Für mich habe ich schon entschieden, noch weitere Romane von Ira Levin zu lesen, denn der etwas nüchterne Schreibstil, der mich hier und da an Arthur C. Clarke erinnerte, sagt mir zu. Auch dass die Bücher nicht unnötig in die Länge gezogen sind, ist von Vorteil, denn so kann man sie zügig und voller Genuss durchlesen. Zu diesem Zweck habe ich mir gestern schon „Die Frauen von Stepford“ und „Die Boys aus Brasilien“ gekauft. Sobald ich mit meiner aktuellen Lektüre („Desperation“ von Stephen King) fertig bin, geht's da weiter.

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